07.07.2022
In der ZEIT-Ausgabe N° 46 (vom 11. November 2021) war ein schöner Artikel über Hasswörter. Die Redaktion hat ihre Hasswörter gesammelt und auf einer großen Seite zusammengetragen. Die Bildergalerie oben zeigt eine Auswahl dieser Wörter.
Als ich mich eingelesen hatte, ist mir eines bewusst geworden: Einige dieser Wörter finde ich auch schwierig, »Nice!« zu Beispiel, oder »Telko«. Mich stoßen die Wörter nicht ab, aber sie machen etwas mit mir. Ich gehöre nicht zur Generation »Nice« und ich habe manchmal Schwierigkeiten mit Kurzwörtern. Vor allem dann, wenn ich die Bedeutung (noch) nicht kenne. Dass eine »Telko« für Telefonkonferenz steht, weiß ich inzwischen, das Wort hat es trotzdem nicht in meinen aktiven Sprachgebrauch geschafft. Dennoch nutze ich auch manche dieser vielen Wörter, sie lösen keine negativen Emotionen in mir aus. Was also für den einen ein Hasswort ist, kann für die andere ein ganz normaler Begriff sein.
Nachfolgend nehme ich Sie mit auf eine Reise über die (Nicht-)Nutzung von Fachwörtern, Reiz- oder Hasswörtern und Lieblingswörtern.
Grundsätzlich gilt: Das, was ich sage, sollte für das Publikum angemessen sein. Wobei das eine Herausforderung sein kann, wenn es eine heterogene Gruppe ist. Aber angenommen, ich spreche vor Studierenden am Ende ihres Studiums, dann können die Fachdozent*innen diverse Fremdwörter ganz selbstverständlich nutzen. Als Leiterin einer Kindertagesstätte empfiehlt es sich, beim Elternabend Wörter zu wählen, die für die gesamte (und wahrscheinlich sehr diverse) Elternschaft alltäglich sind. Im Studiengang Kita-Leitung spreche ich also von den Begriffen Phonetik, Semantik und Morphologie, beim Elternabend passen hier eher die Begriffe Aussprache, Wortbedeutung und Grammatik.
In der Sprechwissenschaft hat sich ein Katalog aus individuellen Wirkungskriterien etabliert, der auf Hellmut Geißner zurückgeht und von Norbert Gutenberg ergänzt wurde. Dirk Meyer fasst ihn in »Einführung in die Sprechwissenschaft« (Bose et al. 2013, S. 110 f.) zusammen. Beim Thema Wortwahl nennt er drei verschiedene Beispiele:
_ | Fremdwörter und Fachsprache sollten, wie eben schon geschildert, so verwendet werden, dass sie für die Hörenden angemessen sind. |
_ | Unter Reizwörtern verstehen die Autoren »für Hörer emotional erregende Begriffe«, die oft gar nicht absichtlich gebraucht werden aber doch möglichst zu vermeiden sind. |
_ | Lieblingswörter sind »auffallend häufig wiederkehrende Worte/Wendungen«. Denken Sie gern an Ihre Schul- oder Studienzeit zurück: Wenn Sie einmal darauf fokussiert sind, fallen Ihnen häufige Ähms immer wieder auf, und das zumeist nicht positiv. |
Lieblingswörter können auch sogenannte Füllwörter sein, die den Sprechenden oft gar nicht bewusst sind. In einem Spiegel-Beitrag vom 22.02.2022 zum Thema Füllwörter wird der Sprachwissenschaftler Daniel Gutzmann zitiert. Er stellt den positiven Aspekt der kleinen Wörtchen heraus. Einen Tipp hat er aber für alle, die sie vermeiden wollen: Man könne statt eines Ähs versuchen, das Gesagte mit anderen Worten noch einmal neu wiederzugeben. So erhält man Zeit, man umgeht Sprechpausen und stärkt die Verständlichkeit der Aussage.
Und weil sich das Thema gerade in der Sprech- und Sprachwissenschaft großer Beliebtheit erfreut, wurde am 15.03.2022 in einem Beitrag von SWR2 erneut über die Sinnhaftigkeit von Füllwörtern berichtet. Sie können nämlich zum besseren Verständnis beitragen. Sehr aufschlussreich fand ich die Ausführungen zum Wörtchen »genau«, das gleich mehrere Bedeutungen im Sprachgebrauch haben kann, heute aber oft inflationär als sogenanntes »Powerpoint-Genau« verwendet wird. Viel Spaß beim Reinhören!
Es gibt ein paar Tricks, wie wir Füllwörter umgehen können. Darüber habe ich im Blog bereits berichtet. Lesen Sie hier gern nach!
Wie so oft gilt auch hier:
Bereiten Sie sich gut auf eine Redesituation vor, dann können Sie zumeist schon vorher abschätzen, welche Wörter sie wählen müssen und ob Sie einmal mehr ein Fachwort erklären oder es gar ganz weglassen.
Schauen Sie den Zuhörenden in die Augen, achten Sie auf deren Reaktionen. Denn ob wir Reizwörter aussprechen, die eine emotionale Reaktion auslösen können, wissen wir vorher nicht. Außer, die Menschen verraten Ihnen, dass sie »Nice!« und »Telko« nicht so gern hören ;-).
07.07.2022
In der ZEIT-Ausgabe N° 46 (vom 11. November 2021) war ein schöner Artikel über Hasswörter. Die Redaktion hat ihre Hasswörter gesammelt und auf einer großen Seite zusammengetragen. Die Bildergalerie oben zeigt eine Auswahl dieser Wörter.
Als ich mich eingelesen hatte, ist mir eines bewusst geworden: Einige dieser Wörter finde ich auch schwierig, »Nice!« zu Beispiel, oder »Telko«. Mich stoßen die Wörter nicht ab, aber sie machen etwas mit mir. Ich gehöre nicht zur Generation »Nice« und ich habe manchmal Schwierigkeiten mit Kurzwörtern. Vor allem dann, wenn ich die Bedeutung (noch) nicht kenne. Dass eine »Telko« für Telefonkonferenz steht, weiß ich inzwischen, das Wort hat es trotzdem nicht in meinen aktiven Sprachgebrauch geschafft. Dennoch nutze ich auch manche dieser vielen Wörter, sie lösen keine negativen Emotionen in mir aus. Was also für den einen ein Hasswort ist, kann für die andere ein ganz normaler Begriff sein.
Nachfolgend nehme ich Sie mit auf eine Reise über die (Nicht-)Nutzung von Fachwörtern, Reiz- oder Hasswörtern und Lieblingswörtern.
Grundsätzlich gilt: Das, was ich sage, sollte für das Publikum angemessen sein. Wobei das eine Herausforderung sein kann, wenn es eine heterogene Gruppe ist. Aber angenommen, ich spreche vor Studierenden am Ende ihres Studiums, dann können die Fachdozent*innen diverse Fremdwörter ganz selbstverständlich nutzen. Als Leiterin einer Kindertagesstätte empfiehlt es sich, beim Elternabend Wörter zu wählen, die für die gesamte (und wahrscheinlich sehr diverse) Elternschaft alltäglich sind. Im Studiengang Kita-Leitung spreche ich also von den Begriffen Phonetik, Semantik und Morphologie, beim Elternabend passen hier eher die Begriffe Aussprache, Wortbedeutung und Grammatik.
In der Sprechwissenschaft hat sich ein Katalog aus individuellen Wirkungskriterien etabliert, der auf Hellmut Geißner zurückgeht und von Norbert Gutenberg ergänzt wurde. Dirk Meyer fasst ihn in »Einführung in die Sprechwissenschaft« (Bose et al. 2013, S. 110 f.) zusammen. Beim Thema Wortwahl nennt er drei verschiedene Beispiele:
_ | Fremdwörter und Fachsprache sollten, wie eben schon geschildert, so verwendet werden, dass sie für die Hörenden angemessen sind. |
_ | Unter Reizwörtern verstehen die Autoren »für Hörer emotional erregende Begriffe«, die oft gar nicht absichtlich gebraucht werden aber doch möglichst zu vermeiden sind. |
_ | Lieblingswörter sind »auffallend häufig wiederkehrende Worte/Wendungen«. Denken Sie gern an Ihre Schul- oder Studienzeit zurück: Wenn Sie einmal darauf fokussiert sind, fallen Ihnen häufige Ähms immer wieder auf, und das zumeist nicht positiv. |
Lieblingswörter können auch sogenannte Füllwörter sein, die den Sprechenden oft gar nicht bewusst sind. In einem Spiegel-Beitrag vom 22.02.2022 zum Thema Füllwörter wird der Sprachwissenschaftler Daniel Gutzmann zitiert. Er stellt den positiven Aspekt der kleinen Wörtchen heraus. Einen Tipp hat er aber für alle, die sie vermeiden wollen: Man könne statt eines Ähs versuchen, das Gesagte mit anderen Worten noch einmal neu wiederzugeben. So erhält man Zeit, man umgeht Sprechpausen und stärkt die Verständlichkeit der Aussage.
Und weil sich das Thema gerade in der Sprech- und Sprachwissenschaft großer Beliebtheit erfreut, wurde am 15.03.2022 in einem Beitrag von SWR2 erneut über die Sinnhaftigkeit von Füllwörtern berichtet. Sie können nämlich zum besseren Verständnis beitragen. Sehr aufschlussreich fand ich die Ausführungen zum Wörtchen »genau«, das gleich mehrere Bedeutungen im Sprachgebrauch haben kann, heute aber oft inflationär als sogenanntes »Powerpoint-Genau« verwendet wird. Viel Spaß beim Reinhören!
Es gibt ein paar Tricks, wie wir Füllwörter umgehen können. Darüber habe ich im Blog bereits berichtet. Lesen Sie hier gern nach!
Wie so oft gilt auch hier:
Bereiten Sie sich gut auf eine Redesituation vor, dann können Sie zumeist schon vorher abschätzen, welche Wörter sie wählen müssen und ob Sie einmal mehr ein Fachwort erklären oder es gar ganz weglassen.
Schauen Sie den Zuhörenden in die Augen, achten Sie auf deren Reaktionen. Denn ob wir Reizwörter aussprechen, die eine emotionale Reaktion auslösen können, wissen wir vorher nicht. Außer, die Menschen verraten Ihnen, dass sie »Nice!« und »Telko« nicht so gern hören ;-).