Gastbeitrag von Dr. Ulrike Strohscheer
Fast alle Menschen, die vor Publikum sprechen müssen, sind vorher aufgeregt. Das gilt für Leute, die gelegentlich im beruflichen Kontext sprechen müssen, ebenso wie für professionelle Speaker, die regelmäßig auf der Bühne stehen.
Kurz bevor es so weit ist, klopft das Herz und man hofft, dass alles gut geht: »Hoffentlich verspreche ich mich nicht oder vergesse, was ich sagen wollte.«
So weit, so normal.
Bei manchen Menschen ist die Nervosität mitsamt ihren Symptomen weniger ausgeprägt, bei anderen stärker. Auch das ist normal.
Wer besonders aufgeregt ist, sucht vielleicht irgendwann nach Tipps gegen Lampenfieber. Dazu gehören spezielle Atem- und Entspannungsübungen und wiederholtes Proben des Redebeitrags.
Während einige Betroffene gut damit klarkommen und die Erfahrung machen, dass ihnen das hilft, sind andere ratlos: Egal, was sie ausprobieren – die starke Anspannung bleibt bestehen. Das Herz schlägt weiterhin bis zum Hals und nichts scheint zu helfen. Vielleicht geht es auch Ihnen so?
Wenn Sie an diesem Punkt sind, lohnt es sich, der Frage auf den Grund zu gehen, ob Sie nur unter Lampenfieber oder gar unter echter Redeangst leiden. Um Redeangst zu überwinden, braucht es nämlich andere Maßnahmen als diejenigen, die bei Lampenfieber helfen.
Die Begriffe Lampenfieber und Redeangst werden häufig synonym gebraucht. Doch trotz aller Gemeinsamkeiten gibt es signifikante Unterschiede zwischen den beiden Phänomenen.
Die folgenden Beispiele illustrieren sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede.
Anja muss gelegentlich Präsentationen vor Kollegen oder einem größeren Publikum halten. Sie mag diese Auftritte nicht, aber sie gehören zu ihrem Job, also muss sie in den sauren Apfel beißen. Sie bereitet sich jedes Mal gründlich vor. Trotzdem ist sie kurz vor der Präsentation sehr aufgeregt. Ihr Herz klopft und sie hat feuchte Hände. Dann geht es los. Im ersten Moment zittert ihre Stimme. Aber dann wird es besser. Mit jedem Satz fühlt sie sich sicherer. Nach ein paar Minuten hat sie sich beruhigt und zieht ihre Präsentation durch. Je öfter sie diese Situationen erlebt, desto leichter wird es. Genießen wird sie diese Auftritte nie, aber sie hat sich damit arrangiert und kommt klar.
Kerstins Job bringt es ebenfalls mit sich, dass sie ab und zu präsentieren muss. Sie hasst das, aber sie hat keine Wahl: Gehört eben dazu, wenn sie diesen Job machen will. Sie beißt sich durch, obwohl sie jedes Mal massiv unter Stress steht. Das Feedback, das sie bekommt, ist dabei meist sogar positiv, aber es kostet Kerstin viel Kraft, die Präsentationen durchzustehen.
»Irgendwann wird die Angst bestimmt besser, wenn ich das nur oft genug gemacht habe«, denkt sie sich. Paradoxerweise wird es mit der Zeit aber nicht besser, sondern immer schlimmer. Sobald die nächste Präsentation ansteht, bekommt Kerstin ein ungutes Gefühl im Bauch. Nur daran zu denken reicht, um sie in Panik zu versetzen, obwohl es noch ein paar Wochen sind bis zur kommenden Präsentation.
Sie schiebt die Vorbereitung vor sich her und versucht das Thema so lange wie möglich zu meiden. Wenn es höchste Zeit ist, macht sie sich endlich an die Arbeit. Aber klar denken kann sie nicht, während sie sich vorbereitet. Die Vorstellung, was alles schieflaufen und wie sie sich blamieren könnte, drängt sich immer wieder dazwischen.
In den Tagen vor der Präsentation schläft sie schlecht und wacht immer wieder auf. Als der Tag dann gekommen ist und sie ans Rednerpult tritt, schlägt Kerstins Herz so stark, dass sie befürchtet, ohnmächtig zu werden. Ihre Hände zittern. Die Stimme krächzt, als sie anfängt, zu reden, und sie muss sich immer wieder räuspern.
Unter größter Anstrengung schafft sie es trotzdem, die Präsentation zu halten. Doch hinterher ist sie so erschöpft, dass sie sich am liebsten sofort ins Bett legen würde. Bisher hat sie das alles durchgestanden, aber langsam kommt sie an den Punkt, wo der Stress zu viel wird. Das Ganze nimmt sie so sehr mit, dass sie immer öfter darüber nachdenkt, sich für Präsentationen krank zu melden.
Anja hat normales Lampenfieber, so wie es Millionen Menschen kennen. Die für das Lampenfieber typische Aufregung wird durch das Hormon Adrenalin hervorgerufen, dessen Ausschüttung gleichzeitig dafür sorgt, dass wir uns besser fokussieren und Höchstleistungen erbringen können. Insofern hat Lampenfieber sogar positive Auswirkungen.
Kerstin hingegen leidet unter Redeangst, die sie regelrecht lähmt. Sie kann damit keine Höchstleistung erbringen, sondern wird von ihrer Angst blockiert.
Was beide Phänomene gemein haben, sind bestimmte körperliche Symptome wie Herzklopfen, feuchte Hände oder eine zitternde Stimme.
Im Unterschied zum Lampenfieber, das sich erst kurz vor dem eigentlichen Auftritt bemerkbar macht, treten die Symptome bei der Redeangst in der Regel schon viel früher auf. Meist reicht es aus, sich z.B. eine bevorstehende Präsentation nur vorzustellen, und das Herz beginnt bereits zu pochen oder die Hände werden feucht.
Ein weiteres wichtiges Merkmal der Redeangst besteht darin, dass sie durch Routine und Praxiserfahrung nicht besser wird. Der oft kolportierte Ratschlag an Betroffene, sie mögen nicht verzagen, sondern ins kalte Wasser springen und sich möglichst oft solchen Situationen aussetzen, ist hier also wenig hilfreich.
Im Gegenteil – viele Betroffene machen die Erfahrung, dass es mit der Zeit eher schlimmer wird. Wenn der Job dennoch regelmäßige Präsentationen oder öffentliche Auftritte mit sich bringt, entsteht daraus eine Spirale aus Dauerstress. Irgendwann wird die Belastung so groß, dass sich die Betroffenen auf die Suche nach Hilfe machen.
Oft landen sie dann in einem Rhetorikseminar oder einem anderen Kurs, der darauf ausgerichtet ist, die Redefähigkeiten zu verbessern. Dies ist jedoch nicht sinnvoll, denn hier wird der zweite Schritt vor dem ersten getan: Wer angesichts eines öffentlichen Redebeitrags permanent unter Anspannung steht und vielleicht sogar regelrecht Panik davor hat, kann seine Performance gar nicht verbessern, weil ihn die Angst so sehr blockiert, dass er nicht aufnahmefähig ist.
Und obwohl in diesen Kursen auch Atem- und Entspannungsübungen zur Beruhigung praktiziert werden, die im Falle von normalem Lampenfieber sinnvoll sind, lässt sich Redeangst damit nicht überwinden. Diese Übungen können im besten Fall dazu beitragen, einige körperliche Symptome vorübergehend zu lindern, doch das Grundproblem bleibt bestehen: Jeder bevorstehende Auftritt versetzt die Betroffenen aufs Neue in Angst und Schrecken.
Dr. Ulrike Strohscheer, die Autorin dieses Beitrags
Wenn Sie sich fragen, ob Sie unter Redeangst oder nur unter Lampenfieber leiden, können Sie anhand der folgenden Merkmale unterscheiden und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Lampenfieber | Redeangst |
Normales Phänomen, fast jede(r) ist | Geht weit über das normale Lampenfieber hinaus, sowohl im Hinblick auf die Intensität als auch auf die Dauer der Symptome. |
Nervosität oder Aufregung kurz vor | Körperliche Angstsymptome treten schon Tage oder Wochen vor dem entsprechenden Ereignis auf und können sogar zu Schlafstörungen führen. |
Besserung tritt ein, nachdem man | Die Symptome lassen während des Auftritts/der Präsentation nicht nach oder werden sogar schlimmer; Betroffene haben ggf. Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. |
Je öfter man auftritt oder spricht, | Praxiserfahrung bessert die Symptome nicht, in vielen Fällen wird es mit der Zeit sogar schlimmer. |
Was hilft: | Was hilft: |
Übung, Praxiserfahrung, bewusstes | Ursache der Redeangst ermitteln, emotionale Belastung (= unangenehme Gefühle) im Zusammenhang mit der Erinnerung an die Ursache beseitigen. |
Um Redeangst zu überwinden, muss die Ursache dafür erforscht und beseitigt werden. Doch gerade, wenn es um die Ursachenforschung geht, tappen viele Betroffene im Dunkeln.
Während es tatsächlich sein kann, dass ein missglücktes Referat in der Schule, ein Blackout vor versammelter Mannschaft oder die Erfahrung, von einem Lehrer heruntergeputzt zu werden, die Redeangst hervorgerufen haben, fehlt es in vielen Fällen an solchen offensichtlichen Auslösern.
Die Angst war vielleicht »irgendwie schon immer da« oder trat plötzlich auf, nachdem die Betroffenen vorher keine Probleme mit dem Sprechen vor Publikum hatten.
Wenn Sie herausfinden möchten, woher Ihre Redeangst kommt, aber kein Auslöser ersichtlich ist, können Sie in zwei Schritten vorgehen, um der Ursache auf die Spur zu kommen.
Gerade die Erlebnisse in den ersten Lebensjahren können uns Menschen tief prägen. Wir können noch nicht einordnen, was passiert, und empfinden Vorkommnisse als hoch dramatisch, über die wir heutzutage – ausgestattet mit der Lebenserfahrung und Reife der Erwachsenen – vielleicht nur mit den Augen rollen würden.
Das Unterbewusstsein speichert diese Erlebnisse als unangenehm ab und versucht in der Folge, uns davor zu beschützen, dass sowas nochmal passiert. Wenn im späteren Leben eine Situation auftritt, die das Unterbewusstsein – aus welchen Gründen auch immer – an die Erfahrung von damals erinnert, schlägt es Alarm: Wir bekommen Angst, damit wir uns aus der Situation zurückziehen.
Diese Reaktionskette läuft automatisch ab, ohne dass wir uns deren bewusst wären – wir sind quasi auf Autopilot. Daher ist es uns in solchen Situationen kaum möglich, einen klaren Gedanken zu fassen oder »vernünftig« zu handeln.
Für die meisten Betroffenen ist es bereits eine große Erleichterung, zu verstehen, woher ihre Redeangst kommt, weil sie endlich eine Erklärung dafür haben.
Doch um die Angst zu überwinden, muss die emotionale Belastung abgebaut werden, die die Erinnerung an das auslösende Ereignis hervorruft.
Wenn Sie ein solches Erlebnis gefunden haben, können Sie gezielt daran arbeiten, bis es keine unangenehmen Gefühle mehr in Ihnen auslöst, wenn Sie daran denken. Dadurch wird die Kettenreaktion unterbrochen, die jedes Mal in Gang kommt, wenn das Unterbewusstsein eine Situation aus der Gegenwart mit dem Erlebnis von damals verknüpft: Sie bekommen Ihre Steuerungsfähigkeit zurück.
Es gibt verschiedene Techniken, die Ihnen dabei helfen können, die emotionale Belastung abzubauen, zum Beispiel Emotional Freedom Techniques (EFT) oder das Neurolinguistische Programmieren (NLP).
Wird die Ursache beseitigt, verschwindet die Redeangst. In der Folge fällt es den (ehemaligen) Betroffenen viel leichter, vor Publikum zu sprechen – auch wenn das normale Lampenfieber bestehen bleibt.
Wer nunmehr das Bedürfnis hat, seine rhetorischen Fähigkeiten zu verbessern, ist in einem entsprechenden Seminar gut aufgehoben. Denn jetzt können die Techniken endlich greifen, die dort vermittelt werden.
Wenn Sie feststellen, dass Sie Redeangst haben, alleine aber nicht aufspüren können, woher sie kommt, oder nicht wissen, wie Sie sie loswerden sollen, lohnt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Achten Sie darauf, dass dabei tatsächlich die Ursache identifiziert und beseitigt wird und nicht nur die Symptome der Redeangst gelindert werden.
Es ist eine riesige Erleichterung, sich vor einer Präsentation oder einer Rede nicht mehr verrückt machen zu müssen – und endlich selbst das Ruder in der Hand zu haben, anstatt von der Angst getrieben zu werden.
Die Autorin dieses Beitrags ist Dr. Ulrike Strohscheer. Sie arbeitet als Coach für erfolgreiche Frauen mit Redeangst und Selbstzweifeln – in Berlin und online.
Mein Name ist Debora Diehl und ich arbeite als Rhetorik- und Aussprachetrainerin. In meinem Newsletter schreibe ich über Themen rund um mündliche Kommunikation, über Rhetorik, Stimme und Aussprache. Manchmal gebe ich auch Buchtipps und berichte über meinen Blog.
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Fast alle Menschen, die vor Publikum sprechen müssen, sind vorher aufgeregt. Das gilt für Leute, die gelegentlich im beruflichen Kontext sprechen müssen, ebenso wie für professionelle Speaker, die regelmäßig auf der Bühne stehen.
Kurz bevor es so weit ist, klopft das Herz und man hofft, dass alles gut geht: »Hoffentlich verspreche ich mich nicht oder vergesse, was ich sagen wollte.«
So weit, so normal.
Bei manchen Menschen ist die Nervosität mitsamt ihren Symptomen weniger ausgeprägt, bei anderen stärker. Auch das ist normal.
Wer besonders aufgeregt ist, sucht vielleicht irgendwann nach Tipps gegen Lampenfieber. Dazu gehören spezielle Atem- und Entspannungsübungen und wiederholtes Proben des Redebeitrags.
Während einige Betroffene gut damit klarkommen und die Erfahrung machen, dass ihnen das hilft, sind andere ratlos: Egal, was sie ausprobieren – die starke Anspannung bleibt bestehen. Das Herz schlägt weiterhin bis zum Hals und nichts scheint zu helfen. Vielleicht geht es auch Ihnen so?
Wenn Sie an diesem Punkt sind, lohnt es sich, der Frage auf den Grund zu gehen, ob Sie nur unter Lampenfieber oder gar unter echter Redeangst leiden. Um Redeangst zu überwinden, braucht es nämlich andere Maßnahmen als diejenigen, die bei Lampenfieber helfen.
Die Begriffe Lampenfieber und Redeangst werden häufig synonym gebraucht. Doch trotz aller Gemeinsamkeiten gibt es signifikante Unterschiede zwischen den beiden Phänomenen.
Die folgenden Beispiele illustrieren sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede.
Anja muss gelegentlich Präsentationen vor Kollegen oder einem größeren Publikum halten. Sie mag diese Auftritte nicht, aber sie gehören zu ihrem Job, also muss sie in den sauren Apfel beißen. Sie bereitet sich jedes Mal gründlich vor. Trotzdem ist sie kurz vor der Präsentation sehr aufgeregt. Ihr Herz klopft und sie hat feuchte Hände. Dann geht es los. Im ersten Moment zittert ihre Stimme. Aber dann wird es besser. Mit jedem Satz fühlt sie sich sicherer. Nach ein paar Minuten hat sie sich beruhigt und zieht ihre Präsentation durch. Je öfter sie diese Situationen erlebt, desto leichter wird es. Genießen wird sie diese Auftritte nie, aber sie hat sich damit arrangiert und kommt klar.
Kerstins Job bringt es ebenfalls mit sich, dass sie ab und zu präsentieren muss. Sie hasst das, aber sie hat keine Wahl: Gehört eben dazu, wenn sie diesen Job machen will. Sie beißt sich durch, obwohl sie jedes Mal massiv unter Stress steht. Das Feedback, das sie bekommt, ist dabei meist sogar positiv, aber es kostet Kerstin viel Kraft, die Präsentationen durchzustehen.
»Irgendwann wird die Angst bestimmt besser, wenn ich das nur oft genug gemacht habe«, denkt sie sich. Paradoxerweise wird es mit der Zeit aber nicht besser, sondern immer schlimmer. Sobald die nächste Präsentation ansteht, bekommt Kerstin ein ungutes Gefühl im Bauch. Nur daran zu denken reicht, um sie in Panik zu versetzen, obwohl es noch ein paar Wochen sind bis zur kommenden Präsentation.
Sie schiebt die Vorbereitung vor sich her und versucht das Thema so lange wie möglich zu meiden. Wenn es höchste Zeit ist, macht sie sich endlich an die Arbeit. Aber klar denken kann sie nicht, während sie sich vorbereitet. Die Vorstellung, was alles schieflaufen und wie sie sich blamieren könnte, drängt sich immer wieder dazwischen.
In den Tagen vor der Präsentation schläft sie schlecht und wacht immer wieder auf. Als der Tag dann gekommen ist und sie ans Rednerpult tritt, schlägt Kerstins Herz so stark, dass sie befürchtet, ohnmächtig zu werden. Ihre Hände zittern. Die Stimme krächzt, als sie anfängt, zu reden, und sie muss sich immer wieder räuspern.
Unter größter Anstrengung schafft sie es trotzdem, die Präsentation zu halten. Doch hinterher ist sie so erschöpft, dass sie sich am liebsten sofort ins Bett legen würde. Bisher hat sie das alles durchgestanden, aber langsam kommt sie an den Punkt, wo der Stress zu viel wird. Das Ganze nimmt sie so sehr mit, dass sie immer öfter darüber nachdenkt, sich für Präsentationen krank zu melden.
Anja hat normales Lampenfieber, so wie es Millionen Menschen kennen. Die für das Lampenfieber typische Aufregung wird durch das Hormon Adrenalin hervorgerufen, dessen Ausschüttung gleichzeitig dafür sorgt, dass wir uns besser fokussieren und Höchstleistungen erbringen können. Insofern hat Lampenfieber sogar positive Auswirkungen.
Kerstin hingegen leidet unter Redeangst, die sie regelrecht lähmt. Sie kann damit keine Höchstleistung erbringen, sondern wird von ihrer Angst blockiert.
Was beide Phänomene gemein haben, sind bestimmte körperliche Symptome wie Herzklopfen, feuchte Hände oder eine zitternde Stimme.
Im Unterschied zum Lampenfieber, das sich erst kurz vor dem eigentlichen Auftritt bemerkbar macht, treten die Symptome bei der Redeangst in der Regel schon viel früher auf. Meist reicht es aus, sich z.B. eine bevorstehende Präsentation nur vorzustellen, und das Herz beginnt bereits zu pochen oder die Hände werden feucht.
Ein weiteres wichtiges Merkmal der Redeangst besteht darin, dass sie durch Routine und Praxiserfahrung nicht besser wird. Der oft kolportierte Ratschlag an Betroffene, sie mögen nicht verzagen, sondern ins kalte Wasser springen und sich möglichst oft solchen Situationen aussetzen, ist hier also wenig hilfreich.
Im Gegenteil – viele Betroffene machen die Erfahrung, dass es mit der Zeit eher schlimmer wird. Wenn der Job dennoch regelmäßige Präsentationen oder öffentliche Auftritte mit sich bringt, entsteht daraus eine Spirale aus Dauerstress. Irgendwann wird die Belastung so groß, dass sich die Betroffenen auf die Suche nach Hilfe machen.
Oft landen sie dann in einem Rhetorikseminar oder einem anderen Kurs, der darauf ausgerichtet ist, die Redefähigkeiten zu verbessern. Dies ist jedoch nicht sinnvoll, denn hier wird der zweite Schritt vor dem ersten getan: Wer angesichts eines öffentlichen Redebeitrags permanent unter Anspannung steht und vielleicht sogar regelrecht Panik davor hat, kann seine Performance gar nicht verbessern, weil ihn die Angst so sehr blockiert, dass er nicht aufnahmefähig ist.
Und obwohl in diesen Kursen auch Atem- und Entspannungsübungen zur Beruhigung praktiziert werden, die im Falle von normalem Lampenfieber sinnvoll sind, lässt sich Redeangst damit nicht überwinden. Diese Übungen können im besten Fall dazu beitragen, einige körperliche Symptome vorübergehend zu lindern, doch das Grundproblem bleibt bestehen: Jeder bevorstehende Auftritt versetzt die Betroffenen aufs Neue in Angst und Schrecken.
Dr. Ulrike Strohscheer, die Autorin dieses Beitrags
Wenn Sie sich fragen, ob Sie unter Redeangst oder nur unter Lampenfieber leiden, können Sie anhand der folgenden Merkmale unterscheiden und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Lampenfieber | Redeangst |
Normales Phänomen, fast jede(r) ist | Geht weit über das normale Lampenfieber hinaus, sowohl im Hinblick auf die Intensität als auch auf die Dauer der Symptome. |
Nervosität oder Aufregung kurz vor | Körperliche Angstsymptome treten schon Tage oder Wochen vor dem entsprechenden Ereignis auf und können sogar zu Schlafstörungen führen. |
Besserung tritt ein, nachdem man | Die Symptome lassen während des Auftritts/der Präsentation nicht nach oder werden sogar schlimmer; Betroffene haben ggf. Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. |
Je öfter man auftritt oder spricht, | Praxiserfahrung bessert die Symptome nicht, in vielen Fällen wird es mit der Zeit sogar schlimmer. |
Was hilft: | Was hilft: |
Übung, Praxiserfahrung, bewusstes | Ursache der Redeangst ermitteln, emotionale Belastung (= unangenehme Gefühle) im Zusammenhang mit der Erinnerung an die Ursache beseitigen. |
Um Redeangst zu überwinden, muss die Ursache dafür erforscht und beseitigt werden. Doch gerade, wenn es um die Ursachenforschung geht, tappen viele Betroffene im Dunkeln.
Während es tatsächlich sein kann, dass ein missglücktes Referat in der Schule, ein Blackout vor versammelter Mannschaft oder die Erfahrung, von einem Lehrer heruntergeputzt zu werden, die Redeangst hervorgerufen haben, fehlt es in vielen Fällen an solchen offensichtlichen Auslösern.
Die Angst war vielleicht »irgendwie schon immer da« oder trat plötzlich auf, nachdem die Betroffenen vorher keine Probleme mit dem Sprechen vor Publikum hatten.
Wenn Sie herausfinden möchten, woher Ihre Redeangst kommt, aber kein Auslöser ersichtlich ist, können Sie in zwei Schritten vorgehen, um der Ursache auf die Spur zu kommen.
Gerade die Erlebnisse in den ersten Lebensjahren können uns Menschen tief prägen. Wir können noch nicht einordnen, was passiert, und empfinden Vorkommnisse als hoch dramatisch, über die wir heutzutage – ausgestattet mit der Lebenserfahrung und Reife der Erwachsenen – vielleicht nur mit den Augen rollen würden.
Das Unterbewusstsein speichert diese Erlebnisse als unangenehm ab und versucht in der Folge, uns davor zu beschützen, dass sowas nochmal passiert. Wenn im späteren Leben eine Situation auftritt, die das Unterbewusstsein – aus welchen Gründen auch immer – an die Erfahrung von damals erinnert, schlägt es Alarm: Wir bekommen Angst, damit wir uns aus der Situation zurückziehen.
Diese Reaktionskette läuft automatisch ab, ohne dass wir uns deren bewusst wären – wir sind quasi auf Autopilot. Daher ist es uns in solchen Situationen kaum möglich, einen klaren Gedanken zu fassen oder »vernünftig« zu handeln.
Für die meisten Betroffenen ist es bereits eine große Erleichterung, zu verstehen, woher ihre Redeangst kommt, weil sie endlich eine Erklärung dafür haben.
Doch um die Angst zu überwinden, muss die emotionale Belastung abgebaut werden, die die Erinnerung an das auslösende Ereignis hervorruft.
Wenn Sie ein solches Erlebnis gefunden haben, können Sie gezielt daran arbeiten, bis es keine unangenehmen Gefühle mehr in Ihnen auslöst, wenn Sie daran denken. Dadurch wird die Kettenreaktion unterbrochen, die jedes Mal in Gang kommt, wenn das Unterbewusstsein eine Situation aus der Gegenwart mit dem Erlebnis von damals verknüpft: Sie bekommen Ihre Steuerungsfähigkeit zurück.
Es gibt verschiedene Techniken, die Ihnen dabei helfen können, die emotionale Belastung abzubauen, zum Beispiel Emotional Freedom Techniques (EFT) oder das Neurolinguistische Programmieren (NLP).
Wird die Ursache beseitigt, verschwindet die Redeangst. In der Folge fällt es den (ehemaligen) Betroffenen viel leichter, vor Publikum zu sprechen – auch wenn das normale Lampenfieber bestehen bleibt.
Wer nunmehr das Bedürfnis hat, seine rhetorischen Fähigkeiten zu verbessern, ist in einem entsprechenden Seminar gut aufgehoben. Denn jetzt können die Techniken endlich greifen, die dort vermittelt werden.
Wenn Sie feststellen, dass Sie Redeangst haben, alleine aber nicht aufspüren können, woher sie kommt, oder nicht wissen, wie Sie sie loswerden sollen, lohnt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Achten Sie darauf, dass dabei tatsächlich die Ursache identifiziert und beseitigt wird und nicht nur die Symptome der Redeangst gelindert werden.
Es ist eine riesige Erleichterung, sich vor einer Präsentation oder einer Rede nicht mehr verrückt machen zu müssen – und endlich selbst das Ruder in der Hand zu haben, anstatt von der Angst getrieben zu werden.
Die Autorin dieses Beitrags ist Dr. Ulrike Strohscheer. Sie arbeitet als Coach für erfolgreiche Frauen mit Redeangst und Selbstzweifeln – in Berlin und online.
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Sprechwissenschaftlerin & Logopädin
mail@deboradiehl.de | Breiter Weg 10, 39104 Magdeburg
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